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Die Kinder sind selbstständig – und jetzt?


Die Kinder sind selbstständig – und jetzt? Ihre ersten Schritte für den Wiedereinstieg in den Beruf

Sie haben sich in den letzten Jahren überwiegend um Ihre Familie gekümmert. Sie haben Ihre Kinder auf einen guten Weg gebracht. Sie haben das komplexe System Familie am Laufen gehalten. Sie haben vielleicht noch einige Stunden nebenbei gearbeitet und die Doppelbelastung gemanagt und Sie waren das absolute Herzstück der Familie, ohne das nichts ging?

Dann können Sie sich nun einen Moment entspannt zurücklehnen und sich innerlich einmal kräftig auf die Schulter klopfen. Sie haben sehr viel gestemmt, emotional und organisatorisch, ganz abgesehen von Ihrem sozialen Beitrag, dass Sie vielleicht mit einem Kind Ihr zweites Abitur gemacht haben, das System Ehrenamt in Deutschland am Laufen hielten und nicht selten Ihrem Partner eine gute Karriere ermöglichten.

Aber können Sie das auch so sehen? Oder bekommen Sie Panik, weil nun Ihr Leben wie ein unbeschriebenes Blatt vor Ihnen liegt, wenn die Kinder flügge werden? – Keine Sorge. Sie haben jede Menge Kompetenzen und Ressourcen im Gepäck, die Sie nun für sich einsetzen können.

Ja, denn nun sind Sie dran. In der kommenden Phase wird es darum gehen, dass Sie suchen und finden, was Sie erfüllt und was Sie mit dem „Rest“ Ihres Lebens, der durchaus noch 40 bis 50 Jahre dauern kann, anfangen möchten. Hier habe ich einige Ideen für Sie zusammengetragen, wie es für Sie weitergehen kann.

Sich gut verabschieden von der Familienphase

Eine lange, anstrengende, aber sicher auch glückliche Zeit geht zu Ende. Ihre Kinder sind nun soweit selbständig, dass Sie und die Familie nicht mehr ihr Lebensmittelpunkt sind. Das schmerzt vielleicht im ersten Moment. Sie fühlen sich weniger gebraucht – und wir alle brauchen es, uns wertvoll zu fühlen und etwas Sinnvolles beizutragen.

Nehmen Sie sich Zeit für einen Rückblick und zelebrieren Sie diesen auch als Abschied von einer Phase, die Ihnen viel bedeutet hat, denn sonst hätten Sie sich ja damals nicht für diesen Weg entschieden.

  • Schauen Sie sich die alten Kinderalben, vielleicht auch zusammen mit Ihrem Partner an. Erinnern Sie sich an Krisen und schwierige Zeiten, die Sie gemeistert haben.
  • Machen Sie eine Liste. Schreiben Sie mehrfach den Satz auf: „Ich muss nicht länger…“ und vervollständigen Sie ihn, dann schreiben Sie direkt mehrfach dahinter „Ich darf jetzt….“ Lehnen Sie sich entspannt zurück und genießen Sie die neuen Freiheiten.
  • Überprüfen Sie, ob Sie noch alte Dinge abschließen möchten, damit Sie unbelastet nach vorne schauen können. Sind Sie immer noch im Elternbeirat, obwohl Ihr Kind schon längst die Schule verlassen hat, nur weil Sie niemanden enttäuschen möchten? Gibt es sonstige Jobs und Ehrenämter, die sich für Sie innerlich eigentlich überholt haben? Gibt es alte Konflikte aus dieser Zeit, die Sie noch bereinigen möchten, beispielweise mit Institutionen oder anderen Familien oder Müttern? Wenn Sie diese für sich in einem guten Sinne beenden, haben Sie mehr Energie für das, was vor Ihnen liegt.

Einen eigenen Raum schaffen und gestalten

Anschließend empfehle ich Ihnen, einiges aus der intensiven Familienphase zu entrümpeln. Vielleicht können alte Kinderkunstwerke weg, so dass Sie sich Ihr Wohnzimmer auch von der Inneneinrichtung wieder zurückerobern. Schauen Sie, was Sie an alten Kindersachen verschenken, verkaufen oder in ein Sozialkaufhaus bringen können. Schaffen Sie Platz für Ihre neue Lebensphase, indem Sie die alte aufräumen und damit ein Stück weit loslassen.

Gibt es sonst einen Raum in der Wohnung oder in Ihrem Haus, den Sie nur für sich gestalten können? Dieser kann Ihnen in Zukunft als Rückzugsraum, als Ihre neue Privatsphäre dienen. Aber er hat noch eine weitaus größere Bedeutung, denn er kann Ihr neuer Arbeits-Platz sein, bis Sie einen externen gefunden haben – und wer weiß, vielleicht entwickeln sich hier auch Ideen, wie Sie genau dort von zuhause arbeiten können? Auf diesem Arbeitsplatz können Sie lesen, Übungen durchführen oder Wände mit Planungen bekleben, ohne dass Sie jemand beobachtet oder Ihnen hinein redet. Konkrete Gestaltungsanregungen dazu finden Sie in meinem Blogartikel: „5 Dinge, die Sie zur Vorbereitung Ihrer beruflichen Neuorientierung tun können“.

Die große Sammlung eröffnen

Vielleicht haben Sie Ihre Bedürfnisse in den letzten Jahren immer wieder zurückgestellt oder diese nur in Teilbereichen gelebt. Das heißt, jetzt ist es an der Zeit, dass Sie sich wieder neu kennenlernen.

  • Welche Interessen und Themen haben Sie in den letzten Jahren neu für sich entdeckt?
  • Was fasziniert Sie, was lieben Sie schon immer?
  • Was hat Sie schon lange gereizt, Sie hatten aber noch keine Zeit und evtl. keine finanziellen Mittel, um das umzusetzen?

Ich schlage Ihnen vor, dass Sie auf die Jagd gehen nach dem, was Sie wirklich wirklich wollen. Jagen Sie Dinge, Themen, Tätigkeiten, die Sie begeistern und legen Sie damit eine große Sammlung an.

Das kann ein Ordner sein, in den Sie Ihre Fundstücke einkleben, das kann auch einfach ein Schuhkarton oder eine nett gestaltete Aufbewahrungsbox sein.

Packen Sie dort alles hinein, was Sie in irgendeiner Form anspricht: Ausdrucke aus dem Internet, Flyer, Postkarten, Reiseprospekte, Abbildungen von Kleidungsstücken oder Möbeln, Zeitungsartikel, die Sie faszinieren etc.

Diese Sammlung wird Ihnen später beste Dienste leisten, denn Sie können mit diesen Fundstücken dann Ihr individuelles Lebens- und Arbeitskonzept erstellen.

Kompetenzen auflisten

Viele von Ihnen fühlen sich vermutlich nicht fit für den Arbeitsmarkt. Zu lange haben Sie gar nicht gearbeitet oder in einem Job, der Sie nicht voll gefordert hat, damit Sie genug Zeit und Energie für Ihre Familienarbeit hatten. Manchen von Ihnen fällt es vielleicht aus diesem Grund schwer zu sagen, was Sie können. Stellen Sie sich vor, Sie werden im Vorstellungsgespräch gefragt: „Warum sollten wir denn genau Sie einstellen?“

Sie werden erstaunt sein, wie viele Antworten sich da über die Jahre angesammelt haben. Legen Sie sich für den ersten Überblick eine kleine Tabelle mit drei Spalten an.

  1. Sammeln Sie links kleinere und größere Projekte, die Sie in den letzten Jahren gemeinsam mit anderen oder alleine durchgeführt haben. Beispielsweise: Haus gebaut, Elternarbeit gemacht, Verein geleitet oder bei XY mitgearbeitet, Hochzeit der Nichte organisiert, Ernährungskurs gehalten, Garten angelegt, Mieter betreut, die Steuer gemacht, Nachhilfe gegeben etc.
  2. In der zweiten Spalte zerlegen Sie diese großen Bausteine in Tätigkeiten. Zum Beispiel: Auf Zeitmanagement geachtet, den großen Überblick behalten, mit Handwerkern verhandelt, die Menschen zusammengehalten, Catering für 30 Personen durchgeführt etc. Markern Sie hier die Tätigkeiten an, die Ihnen am meisten Freude gemacht haben.
  3. In der dritten Spalte können Sie für die angemarkerten Tätigkeiten überlegen, was genau Ihnen da Spaß gemacht hat und Sie erfüllt hat. Beispielsweise: Kursplanung und Kursdurchführung kam gut an, alle waren begeistert und ich auch. Betreuung der Handballkids: anstrengend, aber fand ich toll, weil ich einer Kindergruppe helfe, ein Team zu werden.

In dieser Liste steckt zwar einiges an Arbeit. Sollten Sie sich allerdings bewerben oder in ein berufliches Orientierungscoaching gehen wollen, haben Sie mit der Liste bereits tolle Vorarbeit geleistet.

Sprechen Sie mit Vorbildern

Und zu guter Letzt kann ich Ihnen nur ans Herz legen, dass Sie sich Vorbilder suchen. Kennen Sie Menschen, die auch im fortgeschrittenen Alter noch einmal durchgestartet sind und das getan haben, was Sie wirklich wollten? Versuchen Sie, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Fragen Sie sie, was ihnen auf ihrem Weg am meisten geholfen hat. Fragen Sie, was sie Ihnen in Ihrer Situation raten würden, womit Sie beispielsweise anfangen sollten. Bitten Sie sie allerdings niemals um die Vermittlung beruflicher Kontakte, denn der Informationsprozess sollte getrennt von der Jobsuche laufen.

Sprechen Sie weiterhin mit Menschen, die genau das oder etwas Ähnliches tun, was Sie am liebsten auch tun würden, sich möglicherweise aber nicht zutrauen oder darin keine finanzielle Perspektive sehen. So bekommen Sie ein besseres Gefühl dafür, ob Ihre Träume Luftblasen sind oder das Potenzial für einen einzigartigen beruflichen Weg haben.

Und bitte – lassen Sie sich Zeit. Sie suchen nach einer beruflichen Tätigkeit, die Sie möglicherweise in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ausüben möchten. Die finden Sie nicht in vier Wochen. Das ist ein Reifungsprozess, bei dem Sie sich selbst immer besser kennenlernen und dadurch zu dem finden, was wirklich zu Ihnen passt.

Ich wünsche Ihnen viel Freude auf dem Weg, jede Menge spannende Entdeckungen und ganz viel Mut, Ihre Ideen beherzt umzusetzen.