Schlagwortarchiv für: Glück im Beruf

Acht Ideen für mehr Flow im Job


Acht Ideen für mehr Flow im Job

Wie Sie wieder mehr Lust und Freude in Ihren Arbeitsalltag bringen.

Sind Sie etwas müde geworden in Ihrem aktuellen Job? Wünschen Sie sich wieder mehr Begeisterung und glückliche Momente, in denen alles zu fließen scheint und Sie wieder wissen, warum und wozu Sie arbeiten?

Der Psychologe und Glücksforscher mit dem unaussprechlichen Namen Mihály Csíkszentmihályi gibt erste Hinweise, wie das gehen kann. Seine Erkenntnisse zu Flow im Arbeitsleben sind weniger bekannt, deswegen möchte ich Sie Ihnen gerne hier vorstellen und konkrete Hinweise zur Umsetzung geben.

Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass das Glück ein scheues Tierchen ist: Wenn Sie es unter Druck ergreifen wollen, ist es sofort weg. Sie können demnach keinen Flow und kein Glück herbeizwingen. Sie können aber die Umstände so vorbereiten und Ihre innere Haltung behutsam so anpassen, dass das Eintreten von Flow wahrscheinlicher wird.

1. Ziele finden und dann den Weg genießen

Wenn Sie sich voll und ganz auf eine Tätigkeit, ein Projekt oder eine Handlung einlassen wollen, müssen Sie wissen, was konkret zu tun ist. Dabei gehen Sie ganz bewusst Schritt für Schritt auf Ihr Ziel zu. Sie haben Ihr Ziel vorher für sich geklärt, lassen es aber dann los, um den Weg zum Ziel zu gehen. Vielleicht ist Ihnen selbst schon aufgefallen, dass die eigentliche Freude und die Glücksmomente sich auf dem Weg ereignen. Das Glücksgefühl beim Ankommen am gewünschten Ziel ist oft nur noch ein schwacher Abklatsch davon. Stellen Sie sich vor, Sie gehen schick essen. Macht es etwa Freude, danach befriedigt auf den Prozess des Essens zurückzuschauen oder die leeren Teller anzustarren? Macht es Spaß, sich nachher satt zu fühlen, oder ist es nicht der Prozess, während dem Sie schmecken, riechen, lachen und sich mit netten Menschen unterhalten?

Praxistipp: Halten Sie öfter mal inne und genießen Sie den Weg. Betrachten Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen, die engagiert bei der Sache sind. Sehen Sie in einem guten Gespräch die Bälle hin und her flitzen und freuen Sie sich, dass Sie gemeinsam das Spiel voranbringen.

2. Sich selbst regelmäßig Rückmeldung geben und abholen

Bestenfalls kommt die Rückmeldung für eine von uns ausgeführte Tätigkeit sofort. Das kann ein Kundenfeedback sein, Wertschätzung von Kollegen und Vorgesetzten. Dann fühlen wir uns mit dem, was wir tun, wichtig und bedeutsam für etwas Größeres. Was aber tun, wenn diese äußere Rückmeldung ausbleibt? Können wir dann keinen Flow erleben? Erfahrene Flowarbeiter geben sich selbst diese Rückmeldung.

Praxistipp: Nicken Sie sich kurz zu, wenn sie wieder einen Schritt geschafft haben, stellen sich einmal kurz ans Fenster und genießen den Moment oder holen sich aktiv Rückmeldung von anderen ab: „Wie hast du meine Moderation gestern im Meeting erlebt? Ich würde mich über eine kurze Rückmeldung freuen?“ Oder: „Wir haben ja nun seit einigen Wochen gemeinsam das Projekt durchgeführt. Ich ziehe gerade Zwischenbilanz. Wie haben Sie unsere Zusammenarbeit erlebt?“

3. Den Herausforderungsgrad steuern

Flow findet dann statt, wenn wir im richtigen Herausforderungsgrad arbeiten. Die Tätigkeit muss uns so fordern und reizen, dass wir alle unsere Fähigkeiten in den Ring werfen. Diese sollten dann auch reichen, um die Anforderung, die wir uns gestellt haben oder die andere an uns gestellt haben, zu bedienen. Wenn Sie immer mehr Expertise in einem Bereich aufbauen, können Sie sich immer neuen Herausforderungen stellen – und das müssen Sie tatsächlich auch, sonst bleibt das Flow-Erlebnis leider aus.

Praxistipp: Schreiben Sie eine Liste Ihrer alltäglichen Tätigkeiten und bewerten Sie diese auf einer Skala von 1-10 mit ihrem Herausforderungsgrad. 1 steht für langweilige Routinetätigkeiten, 10 für Tätigkeiten, die sie deutlich überfordern. Schauen Sie, dass Sie mehrfach am Tag im Bereich von 5 bis 8 arbeiten. Bündeln Sie langweilige Tätigkeiten und legen Sie sich direkt danach eine Tätigkeit, die Sie angenehm herausfordert. Wenn Sie merken, dass Sie permanent unter- oder überfordert sind, führt kein Weg an einem Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten vorbei.

4. Den Fokus halten

Wie brauchen ein bestimmtes Maß an Konzentration oder Fokussierung. Wenn Sie eine bestimmte Aufgabe gestellt bekommen, auch wenn es sich nur um ein Spiel handelt, können Sie immer entscheiden, wie stark sie sich einbeziehen oder hineinziehen lassen. Erst wenn hier eine bestimmte Schwelle an Intensität erreicht ist, geschieht Flow. Dann beginnen wir spontan, fast schon automatisch, zu handeln. Die Intuition gesellt sich zur Kognition und erweitert unser Handlungsrepertoire.

Leider findet aktuell eine andere Entwicklung statt. Wir tanzen ständig auf mehreren Baustellen, checken die E-Mails, während wir telefonieren und mit einem Ohr noch dem Kollegen zuhören. Der Mensch ist nicht multitaskingfähig. Durch den Versuch, es doch zu sein, verhindern wir sehr effektiv die Flowmomente, die wir eigentlich haben möchten.

Praxistipp: Das Affengeschnatter im Kopf, wie es die Buddhisten nennen, kann sich nur beruhigen, wenn wir uns auf eine Sache konzentrieren und innerlich ausrichten. Wenn es Ihnen schwerfällt, atmen Sie eine Weile im Zweisekundenrhythmus ein und aus. Dann kann es passieren, dass die Trennung zwischen uns als Person und dem, was wir tun, verschwindet und wir plötzlich eine Energie zur Verfügung gestellt bekommen, die uns trägt. Diesem Geschehen können wir dann dankbar zuschauen und uns nicht denkend einmischen, sonst ist der Zustand oder das Gefühl des Fließens auch relativ schnell wieder vorbei.

5. Im Moment bleiben

Im Flow vergessen wir Vergangenheit und Zukunft. Flow erfolgt nur dann, wenn wir ganz im Moment sind. Sorgen, wegen eines verpatzten Gesprächs oder einer falsch abgeschickten Datei lassen es nicht zu, dass wir in den Flow kommen. Genausowenig Zukunftsängste, ob wir unseren Job nächstes Jahr noch haben werden, ob unsere Frau/unser Partner uns noch liebt usw. Tatsächlich wendet sich der menschliche Geist nur der Vergangenheit und Zukunft zu, wenn er nichts Wichtigeres zu tun bekommt.

Praxistipp: Stellen wir unserem Geist eine Aufgabe mit dem entsprechenden Herausforderungsgrad, bleibt für unfruchtbare Abschweifungen keine Zeit und Energie mehr übrig. Werfen Sie sich mit Lust in die Sache, die Sie gerade tun. Geben Sie sich mit Ihrem ganzen Potenzial hinein und lassen Sie sich überraschen, was geschieht.

6. Vertrauen lernen

Flow entsteht aus der Kontrollüberzeugung, dass wir unserer Aufgabe gewachsen sind. Dieses Gefühl, die Kontrolle zu haben und auch mit komplexen Herausforderungen klar zu kommen, ist auch aus früheren Flowerfahrungen gelernt. Dort haben wir die Selbstgewissheit erfahren, dass der passende Impuls im richtigen Moment kommen wird und wir wissen, was wir zu tun haben. Wir wussten, wie wir uns der Situation anzupassen haben, damit die Aufgabe einen guten Verlauf nehmen kann. Wir haben uns also auch eingeordnet, unseren Platz eingenommen und die Dinge geschehen lassen. Manche gehen so weit, zu schildern, dass sie das Medium sind, in dem sich die Welt zum Ausdruck bringt. Dabei geschehen natürlich Veränderungsprozesse, die zu Wachstum und Entwicklung führen.

Praxistipp: Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Bestes, das Sie in die Situation geben, dazu reicht, dass die Entwicklung gut sein wird. Wenn Sie alles in Ihrer Kraft liegenden getan haben, können Sie loslassen und den Dingen ihren Lauf lassen. Wenn Ihnen das schwer fällt, positionieren Sie einen Zettel oder ein Bild, das für Sie Vertrauen ausdrückt, in Ihrem Sichtkreis am Arbeitsplatz.

7. Den richtigen Moment ergreifen

Im Flow erleben wir ein verändertes Zeitgefühl. Die Zeit kann sich sowohl ausdehnen, wenn die Tätigkeit es erfordert, als auch schneller vergehen, was von vielen Menschen beschrieben wird. Wichtig ist dabei auch ein Gefühl für den richtigen Moment, den Kairos, zu entwickeln. Dann können Prozesse so verlaufen, dass ein Baustein in den anderen greift und es entsteht ein Gefühl von sehr hoher Effektivität.

Praxistipp: Wenn Ihnen im Verlauf des Tages eine Tätigkeit oder Entscheidung sehr schwer fällt und mühsam erscheint, hören Sie auf Ihren Bauch. Vielleicht ist der richtige Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen. Überlegen Sie weiter, was Sie gerade bräuchten, damit die Zeit wieder ins Fließen kommt?

8. Eins-Sein und Sinn erleben

Ein anderes Phänomen, das von Menschen im Zustand des Flows beschrieben wird, ist das Aussetzen des Ich-Bewusstseins. Dabei vergessen wir unsere Alltagssorgen, auch andere Aufgaben, die noch anstehen und nicht selten sogar körperliche Bedürfnisse wie den Gang zur Toilette. Es wird beschrieben als Einssein, in dem man sich in seinem Tun verliert. Manchmal ist es das Aufgehen in einem guten Team, wenn die gemeinsame Arbeit fließt. Manchmal ist es das schon mehrfach benannte Gefühl, zu einem größeren Ganzen zu gehören und darin seinen Platz einzunehmen. Dennoch lösen wir uns nicht auf, wie das in manchen Meditationschulen angestrebt wird, sondern wir sind ganz präsent. Unser ganzes Potenzial im Hinblick auf unseren körperlichen, geistigen und willentlichen Einsatz bleibt erhalten und wird sogar noch gesteigert.

Praxistipp: Sammeln Sie wie ein Eichhörnchen diese Momente – auch „peak experiences“ genannt. Das sind Ihre Schätze, die Sie in Zeiten herausholen können, wenn der Flow auf sich warten lässt.

Wenn Sie das so lesen, könnte der Eindruck entstehen, dass Sie sofort Ihren Job wechseln müssen, damit Sie eine Chance haben, Flow zu erleben. Als Orientierungcoach bin ich der Ansicht, dass Sie das natürlich reflektieren sollten. Aber tatsächlich kann jede Tätigkeit und jedes Erleben erfüllend sein, wenn die entsprechenden Flow-Elemente erfüllt sind.

Ich denke da an einen Bordkartenkontrolleur, der in der Sicherheitszone am Flughaften arbeitet. Dessen Tätigkeit ist für mich eine der ermüdendsten, die ich mir vorstellen kann. Was hat er daraus gemacht? Dieser Mann hat sie als ein intensives menschliches Erlebnis gestaltet , indem er es verstanden hat, die Freude auf die Reise oder den Flug in den Moment zu holen, dich als Mensch anzusehen und mit seiner guten Laune so anzustecken, dass ich jetzt – Jahre später – noch schmunzelnd daran denken muss. Er ist für mich das beste Beispiel, wie aus jeder stupiden Tätigkeit, indem sie um mehrere selbst initiierte Herausforderungsgrade gesteigert wird, eine Flowerfahrung werden kann.

Er hat nicht nur anderen etwas Gutes getan, sondern auch sich selbst. Ein positiver Nebeneffekt nach dem Flowerlebnis ist die Steigerung unseres Selbstwertgefühls. Wir sind es wert, eingebettet in ein größeres Ganzes einen sinnvollen Beitrag zu leisten, damit haben wir unseren Platz in der Welt gefunden.

Zur Vertiefung wärmstens empfohlen: Csíkszentmihályi, M.: Flow im Beruf. Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz. Klett Cotta, Stuttgart 2014

Beitragsbild: www.pixabay.de